Das Berner Ja zum Transitplatz für Fahrende hat Signalwirkung für die Schweiz

11. Februar 2020

Die Abstimmungssieger vom Wochenende hoffen, das Ja des bevölkerungsreichen Kantons Bern gebe den Forderungen der Fahrenden nach mehr Plätzen Auftrieb. Vor allem im Grossraum Zürich fehlt ein Transitplatz. Dort setzt man auf die Hilfe des Bundes.

Christof Forster, Neue Zürcher Zeitung

Mit dem Transitplatz für ausländische Fahrende bei Wileroltigen in der Nähe von Murten liessen sich einfach Ängste und Vorurteile wecken. Wieso sollte der Kanton Bern diesen Leuten eine Infrastruktur (und der Bund Land) zur Verfügung stellen? Doch eine Mehrheit der Stimmbürger hat dem Projekt am Sonntag an der Urne grünes Licht erteilt. Simon Röthlisberger, Geschäftsführer der Stiftung Zukunft für Schweizer Fahrende, hat sich stark für den Transitplatz engagiert. Das Ja zu Wileroltigen habe Signalwirkung für die ganze Schweiz, sagt er: «Es zeigt, dass der grosse Kanton Bern seine Verantwortung wahrnimmt gegenüber ausländischen Fahrenden.»

Mit Wileroltigen erhalten die ausländischen Fahrenden nun einen Platz an den grossen Transitachsen in dem bei ihnen beliebten Seeland. Neben Plätzen in den Kantonen Freiburg, Neuenburg, Waadt und Wallis ist es der fünfte mit vierzig oder mehr Standplätzen. Hinzu kommen fünf Provisorien und Plätze zur Mitbenutzung mit Schweizer Fahrenden. Den Bedarf für ausländische Fahrende schätzt Röthlisberger auf zehn bis zwölf Transitplätze. Während die Westschweiz bis zum Kanton Bern nun eine gute Abdeckung mit solchen Plätzen bietet, klafft im Grossraum Zürich bis hin zur Ostschweiz eine Lücke. 

Zürich verweist auf den Bund

Werden jetzt die Kantone im Grossraum Zürich, nachdem Bern seine Hausaufgaben gemacht hat, die Realisierung von einem Transitplatz auf ihrem Gebiet an die Hand nehmen? Der Kanton Zürich konzentriert sich auf die dreizehn Plätze, die er für die Schweizer Fahrenden vorgesehen hat. Für ausländische Fahrende sei derzeit nichts geplant, heisst es beim zuständigen Amt für Raumentwicklung. Es wird an den Bund verwiesen. 

Tatsächlich erarbeitet der Bund ein Konzept für Transitplätze. Es waren die Kantone, die den Bund gebeten hatten, das Heft in die Hand zu nehmen. Im Konzept werden Fragen wie die Aufgabenteilung zwischen Bund und Kanton sowie Finanzierung, Bedarf und regionale Verteilung der Plätze für ausländische Fahrende geregelt. Das Konzept sei für den Bund verbindlich und enthalte Empfehlungen an die Kantone, sagt Fiona Wigger vom federführenden Bundesamt für Kultur. Aber die Raumplanung bleibe in den Händen der Kantone. Ziel ist es darum laut Wigger auch, mit dem Konzept die Zusammenarbeit unter den Kantonen zu fördern. Vor allem in der Deutschschweiz halten sich die Kantone mit der Realisierung von Transitplätzen zurück – in der Hoffnung, der Nachbarkanton würde aktiv. 

Christoph Neuhaus, Berner Regierungsrat und Vorstandsmitglied der für das Thema zuständigen Planungsdirektoren-Konferenz der Kantone, sagt, ohne die Hilfe des Bundes sei es nicht möglich, genügend Plätze für ausländische Fahrende zu errichten. Er war bis zu seinem Direktionswechsel für die Planung von Wileroltigen zuständig. Neuhaus sieht im Ja zu Wileroltigen ein Signal für die Schweiz, bei der Planung von Plätzen für ausländische und einheimische Fahrende vorwärtszumachen. Und dies an Orten, die den Fahrenden passen. Damit meint Neuhaus Einzugsgebiete von Agglomerationen, die für die Durchreisenden gleichzeitig auch Arbeitsmärkte sind. 

Nicht nur Freude bei den Fahrenden

Trotz dem erfolgreichen Einsatz für den Transitplatz Wileroltigen kann sich Simon Röthlisberger von der Stiftung Zukunft für Schweizer Fahrende nicht restlos freuen. Die Gegner hätten im Abstimmungskampf Ressentiments gegenüber Fahrenden geschürt und damit einen Nährboden für Rassismus gelegt. Röthlisberger wird die Beiträge in den sozialen Netzwerken untersuchen und dann über weitere Schritte entscheiden.