«Lina» – Wie Moralvorstellungen Menschenleben zerstörten

06. Mars 2016

Verdingkinder, fürsorgerische Zwangseinweisung, Zwangssterilisation. Auf welchen gesellschaftlichen Fundamenten fussten diese Massnahmen in der Schweiz und insbesondere im Kanton Solothurn?Kürzlich war im Schweizer Fernsehen der an den Solothurner Filmtagen preisgekrönte Film «Lina» zu sehen, der das Schicksal einer «rebellischen» Jugendlichen aus ...

Verdingkinder, fürsorgerische Zwangseinweisung, Zwangssterilisation. Auf welchen gesellschaftlichen Fundamenten fussten diese Massnahmen in der Schweiz und insbesondere im Kanton Solothurn?Kürzlich war im Schweizer Fernsehen der an den Solothurner Filmtagen preisgekrönte Film «Lina» zu sehen, der das Schicksal einer «rebellischen» Jugendlichen aus den 60er-Jahren zeigt. Lina führte nach den Normen der damaligen Zeit einen «lasterhaften» Lebenswandel.Der Sozial- und Wirtschaftshistoriker Wolfgang Hafner veröffentlicht dazu einen längeren Beitrag in der «Solothurner Zeitung». Er schreibt unter anderem: «Mit dem starken Industrialisierungsschub zu Beginn des 20. Jahrhunderts mussten sich auch die Verhaltensweise und die Mentalität der arbeitenden Bevölkerung ändern. […] Zur Disziplinierung und Motivierung der Arbeiter wurde daher die moralische und auch die patriotische Frage zunehmend wichtiger. […] Mehr und mehr war weniger „Armut“ das Argument, das zur Versorgung von Kindern und Jugendlichen in Erziehungsanstalten und Heimen oder zu deren Verdingung diente. Vielmehr galt es nun „liederliche“, „lasterhafte“, „trunksüchtige“ und andere, nicht der Norm entsprechende Menschen, die so gegen die Moralvorstellungen der Gesellschaft verstiessen, zu „erziehen“.»

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