Ein eigenartiger Auftrag, ein zensurierter Bericht und intransparente Kommunikation: Der Bund spielt bei der Aufarbeitung des an den Jenischen verübten Unrechts eine zweifelhafte Rolle.
Silvia Süess / WOZ
Hat die Schweiz einen Genozid verantwortet? Mit dieser Frage setzt sich der Bund zurzeit auseinander: Das Bundesamt für Kultur hat im März ein juristisches Gutachten beim Völker- und Staatsrechtsprofessor Oliver Diggelmann in Auftrag gegeben, das diese Frage klären soll.
Das Gutachten ist die aktuellste Wendung in einem seit Jahrzehnten andauernden und zermürbenden Kampf, den Vertreter:innen von Jenischen und Sinti mit dem Bund führen. Sie verlangen eine angemessene Darstellung ihrer Geschichte, die Anerkennung der Mitschuld des Bundes und eine juristische Aufarbeitung: Die Verfolgung der jenischen Familien und die durch das Programm «Kinder der Landstrasse» der Stiftung Pro Juventute angestossenen Familienzerreissungen sollen endlich als Völkermord anerkannt werden.
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Dass sich der Bund nach jahrelangem Hinhalten doch bewegt hat, ist zwar erfreulich – doch die Art und Weise, in der das verantwortliche Bundesamt für Kultur das Ganze angeht, sorgt nicht nur bei Betroffenen für Unverständnis: Es geht um intransparente Kommunikation, das Zurückhalten wichtiger Informationen sowie eingeschwärzte Berichte. Doch der Reihe nach.